Persönlicher Kontakt in Zeiten des mobilen Arbeitens
Das SSC-Büro im Cubus Böblingen ist ein moderner Arbeitsraum, der zur Kommunikation anregt: Open-Space-Bereiche, Lounge-Ecken, ein Kreativraum für Brainstormings und eine moderne Kaffeeküche für den informellen Austausch zwischen Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Teams. Dann kam Corona und von einem Tag auf den anderen waren alle Mitarbeitenden von zuhause aus tätig. Obwohl die Büroflächen schon seit längerer Zeit wieder für eine begrenzte Mitarbeiterzahl offen stehen, arbeiten die meisten noch nicht wieder hier. Wir haben die beiden SSC-Geschäftsführer Matthias Stroezel und Tobias Rohde gefragt, wie sie den fehlenden persönlichen Kontakt im New Normal wahrnehmen.
Als Geschäftsführer von SSC, wie wichtig ist euch der direkte, persönliche Kontakt zu den Kolleginnen und Kollegen?
Matthias Stroezel: Ich kann nur sagen “sehr wichtig”. Ich stelle jetzt fest, trotz sehr gut funktionierender Technik, dass der persönliche Kontakt doch viel feinfühliger ist und dass er sich oft auch durch Situationen ergibt, die man so in der Remote-Arbeitsweise nicht hat: Man läuft z.B. an der Kaffeeecke vorbei und unterhält sich spontan mit einem Kollegen. Wir hatten in der vergangenen Woche einen Kunden-Workshop und daher waren verhältnismäßig viele Mitarbeitende im Büro. Da bin ich auch mal vorbei und habe mit Kolleginnen und Kollegen geredet, mit denen ich fachlich nicht viel zu tun habe. Im Homeoffice würde ich mit ihnen nicht automatisch in Kontakt kommen. Denn ohne die fachlichen Berührungspunkte ruft man sich nicht an und sieht sich normalerweise auch nicht.
Tobias Rohde: Ja, und durch den persönlichen Kontakt bekommt man außerdem viel besser die Zwischentöne mit, die per Video so ein bisschen verloren gehen. Einen weiterer Vorteil sehe ich darin, dass man im direkten Kontakt Dinge oftmals schneller klären kann. Also man sieht beispielsweise jemanden auf dem Büroflur vorbeilaufen und es ist vielleicht nur eine kurze Frage, aber dabei kann man wahnsinnig schnell auch viele andere Dinge klären, wofür man im Homeoffice quasi einen eigenen Zeitslot bräuchte, mit extra Terminen.
Matthias Stroezel: Was wir auch gemerkt haben ist, dass manche Art von Meetings im direkten Kontakt besser funktioniert. Bei unserem ersten Präsenz-Workshop nach dem Corona-Lockdown konnten wir beispielsweise im persönlichen Gespräch eine wirklich gute Stimmung und Arbeitsatmosphäre erzeugen und das war sehr konstruktiv. Somit war es möglich sich schnell auf gute Lösungswege zu verständigen. Bei hybriden Meetings ist uns in der Vergangenheit aufgefallen, dass die Stimmung und Metaebene bei den Remote-Teilnehmenden leider nicht ankam. Daher mein Fazit: Die rein fachliche Kommunikation funktioniert remote wunderbar, aber da gibt es einfach noch viel mehr als das rein Fachliche.
Tobias Rohde: Eine kleine Ergänzung an dieser Stelle: Was ich auch feststelle ist, dass Remote-Sitzungen oftmals sehr auf den Punkt und konzentriert ablaufen. Bei manchen Themen hat es sicher einen Vorteil, aber ich glaube auf Dauer wird es darauf ankommen, das richtige Maß zwischen Remote- und Präsenzarbeit zu finden, um nicht nur den fachlichen sondern auch den zwischenmenschlichen Aspekten Rechnung zu tragen.
Welche Maßnahmen bzw. Rituale hat SSC ergriffen, um den persönlichen Kontakt und das Wir-Gefühl im Homeoffice aufrechtzuerhalten?
Matthias Stroezel: Wir haben natürlich so Sachen, wie Online-Coffee-Talks zu verschieden Themen. Das sind fixe Serientermine, bei denen sich eine bestimmte Personengruppe virtuell zum Smalltalk trift. Zudem haben wir unser persönliches Freitagsbier in ein virtuelles umgewandelt. Wobei dort die Teilnahme mit der Zeit etwas zurückgeht. Ich denke, dass wir in dieser Richtung noch unterstützende Tools und Ideen benötigen. Aber das persönliche Niveau werden wir meiner Meinung auch damit nur schwer hinbekommen.
“Wir gehen auch davon aus, dass die Arbeitsweise nach Corona nicht mehr die Gleiche sein wird” , Matthias Stroezel (SSC-Geschäftsführer)
Tobias Rohde: Wir untersuchen genau dieses Thema auch in unserem internen Format „Home of Start-ups“. Dort haben wir eine Arbeitsgruppe, die evaluiert, welche unterstützenden Tools vielleicht eingesetzt werden können. Für mich ein spannendes Thema. Ich persönlich nehme mir beispielsweise auch bewusst Zeit um Kolleginnen und Kollegen, die ich lange nicht mehr gesehen habe, einfach mal spontan anzurufen, wenn diese gerade verfügbar sind. Ich glaube, wir brauchen zukünftig noch mehr Ideen, um diese Spontanität online herzustellen.
Wie wurden diese digitalen Rituale und Maßnahmen angenommen?
Tobias Rohde: Also gerade das gemeinsame virtuelle Feierabendbier am Freitagnachmittag wurde am Anfang sehr, sehr gut angenommen. Aber man merkt schon, dass die Teilnahme etwas abebbt und ich glaube, man muss es ein bisschen verändern. Es sind halt oft auch die gleichen Personen, die daran teilnehmen und nur ab und zu kommt jemand mit dazu. Wir haben bei uns im Controlling auch einen Coffee-Talk und das schleift sich dann irgendwann ein. Ich glaube, es kommt darauf an, dass man es mit der Zeit immer wieder verändert.
Es ist definitiv kein Selbstläufer, ich glaube nicht, dass man jetzt eine Idee hat und diese über Jahre laufen lassen kann. Das wird nicht funktionieren.
Was schätzt ihr? Wie geht es weiter mit der zwischenmenschlichen Dynamik und dem persönlichen Kontakt in Zeiten von Homeoffice?
Matthias Stroezel: Wir sind ja alle der Meinung, dass das ganze Thema uns auf jeden Fall noch einige Monate beschäftigen wird und da müssen wir schauen, dass wir ein bisschen gegensteuern. Wir gehen auch davon aus, dass die Arbeitsweise nach Corona nicht mehr die Gleiche sein wird. Deswegen ist es schon wichtig, dass sich jetzt einzelne Teams ab und zu wieder persönlich im Büro treffen. Dass man jetzt versucht quasi diese vielgepriesene neue Normalität irgendwie herzustellen, indem man durch mehr Platz und Abstand dann doch persönliche Treffen ermöglicht, wie z.B. ein gemeinsames Mittagessen oder solche Dinge. Ich glaube, das ist die einzige Chance, wie wir den fehlenden persönlichen Kontakt ein bisschen ausgleichen können.
Tobias Rohde: Und ich glaube, wir profitieren natürlich noch sehr von unserer Arbeitskultur vor Corona, wo wir viel gemeinsame Aktivitäten hatten, wo wir gemeinsam Erfolge gefeiert haben, Essen gegangen sind und Betriebsversammlungen gemacht haben. Ich glaube, von diesen Dingen werden wir noch lange leben können. Aber wenn jetzt neue Mitarbeiter zu uns stoßen, die SSC noch nicht kennen und eingelernt werden sollen, die müssen ja auch irgendwie dieses Gefühl und unsere Betriebskultur erfahren. In dieser Beziehung ist physische Präsenz und der persönliche Faktor nach wie vor sehr wichtig. Aber ich sehe es wie Matthias. Ich weiß nicht, ob wir nach Corona noch diese Präsenz haben werden, weil wir momentan auch sehen, dass die Remote-Arbeitsweise an vielen Ecken sehr gut funktioniert. Wir sind ja von einem Tag auf den anderen quasi zu 100 Prozent ins Homeoffice gegangen. Und ich glaube für viele ist es z.B. auch gut, dem Alltagsverkehr zu entgehen oder für die Familie da zu sein. Jetzt muss man, glaube ich, das richtige Maß für die Zeit danach finden. Zwischen, wie kann man sich zwischenmenschlich, persönlich austauschen und was ist über das Homeoffice möglich. Ich glaube, das wird sich wieder einspielen, aber ich bin auch nicht sicher, ob wir da wieder in eine Präsenz reinkommen wie davor.
Gibt es bei SSC auch digitale Interessensgruppen oder gemeinsame soziale Aktivitäten nach Feierabend?
Matthias Stroezel: Ja, wir haben durchaus informelle Interessengruppen, wo sich die Kollegen eigenverantwortlich in internen Chats austauschen und verabreden. Ich bin beispielsweise in einer Radsportgruppe, die zwar wegen der Sommerhitze etwas pausieren musste, aber dennoch aktiv ist.
Tobias Rohde: Wir haben bei SSC generell den Vorteil, dass sich die Leute oft auch privat kennen und schätzen und sich auch abends außerhalb des Büros treffen. Also das höre ich oft.